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10.05.2016

Reden gegen die Eskalation

Warum es im Büro keine Tabuthemen geben sollte.


Damit es gar nicht erst zum Äußersten kommt, sollten Verhaltensweisen oder Angewohnheiten mit Konfliktpotenzial im offenen Gespräch benannt werden.

Es sollte nicht so sein, aber die Wahrheit ist oft eben doch eine andere: Büroalltag kann die Hölle sein. Meistens ist sie das aber völlig unnötig, denn selbst die größten Aufreger lassen sich mit dem entsprechenden Vorgehen aus der Welt schaffen. Ein klärendes Gespräch ist daher immer besser, als Nervfaktoren weiterhin das Betriebsklima vergiften zu lassen.

Die Abgründe menschlichen Miteinanders
Der Umgang mit anderen Menschen ist sicher nicht immer einfach, vor allem wenn er gezwungenermaßen zustande kommt. So wie im Arbeitsalltag beispielsweise, der darüber hinaus oft auch keine Ausweichmöglichkeiten bietet. Gerade dann sollten als unangenehm empfundene Verhaltensweisen und Angewohnheiten aber nicht stillschweigend hingenommen werden. Zum einen, weil das langfristig gesehen nur zu einer Verschlimmerung der Arbeitsplatzsituation beiträgt – Eskalation nicht ausgeschlossen. In diesem Fall sorgt das vermeintlich rücksichtsvolle Ertragen der Umstände nur zu einem noch schlechteren Arbeitsklima.

Zum anderen ist die Frage, welches Verhalten letzten Endes als besonders nervig und belastend für den täglichen Umgang miteinander empfunden wird, im Grunde immer abhängig von der persönlichen Perspektive. Was den einen an seinem Kollegen stört, fällt dem möglicherweise überhaupt gar nicht auf – vorausgesetzt, und das sollte unter guten Kollegen eine Selbstverständlichkeit sein, dahinter steckt keine böswillige Absicht! Das ist soweit gar nicht schlimm, denn die meisten Menschen haben ihre ganz individuellen Schrullen und Eigenheiten. Es ist eben nur nicht sehr zweckdienlich, den Ärger darüber in sich hineinzufressen.

Die Vielfalt unangenehmer Verhaltensweisen
Die potenziellen Gefahrenquellen für das kollegiale Miteinander sind natürlich so vielfältig wie die Menschen selbst. In der Arbeitswelt zeichnen sich trotzdem immer wieder ähnliche Problemfelder ab, die sich bei Nichtbeachtung als problematisch erweisen können.

Der Faktor Kommunikation
Sicher ist eine möglichst gute Kommunikation mit den Kollegen einer der Pfeiler für eine gute Zusammenarbeit. Dazu sollte sie aber nicht ausufern. Das gilt sowohl für das ständige Kommentieren und Einmischen, als auch für überlautes Reden am Telefon, im Selbstgespräch oder, noch schlimmer, während des privaten Gesprächs.

Darunter fällt aber ebenfalls eine mangelnde persönliche Distanz gegenüber anderen Mitarbeitern. Ein gutes oder gerne auch freundschaftliches Verhältnis kann sich zwar insgesamt positiv auf das Betriebsklima auswirken, aber bestimmte Grenzen sollten trotzdem eingehalten werden – es gibt schließlich genug private Angelegenheiten, die weder alle Kollegen interessieren noch alle von sich selbst preisgeben wollen. Eine solche Haltung im Gegenzug mit Lästern zu quittieren ist übrigens genauso unkollegial, weil es nicht nur für schlechte Stimmung sorgt, sondern in schwerwiegenden Fällen auch in wirkliches Mobbing ausarten kann.

Ein allzu ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis beschränkt sich im Übrigen längst nicht auf den direkten verbalen Austausch. Auch auf anderen Kanälen wie über Messaging-Dienste oder per E-Mail kann das Nervenkostüm durchaus angegriffen werden – vor allem dann, wenn die Inhalte der digitalen Kommunikation weitgehend belanglos und nicht zielführend sind. In solchen Fällen werden derartige Nachrichten nicht nur zu einem Nervfaktor, sondern stören womöglich sogar noch die Arbeitsabläufe.
Apropos Störungen der Arbeitsabläufe: Ein Unding mit Konfliktpotenzial ist ein fehlendes Verantwortungsgefühl. Das kann sich in verschiedener Weise ausdrücken, zum Beispiel durch das Abweisen jedweder Verantwortung – was zugleich eine Form der Arbeitsverweigerung darstellt – oder das kategorische Zurückweisen von begangenen Fehlern. Wer das zu allem Überfluss immer wieder mit kurzfristigen Anfragen an die Kollegen verbindet, strapaziert deren Geduld und Toleranz in überflüssiger und übermäßiger Weise.

Der Faktor Hygiene
Jeder hat vielleicht eine andere Vorstellung von ausreichender Hygiene, aber für die Zusammenarbeit mit anderen Menschen sollten in dieser Hinsicht gewisse Mindeststandards berücksichtigt werden. Tatsächlich ist Sauberkeit ein sehr umfangreiches Problemfeld, denn es betrifft nicht allein den Arbeitsplatz als solchen, sondern in gleicher Weise die Kollegen selbst.


Unordnung sorgt für Unmut – vor allem, wenn sie sich nicht allein auf den Schreibtischplatz beschränkt.
(Abbildung fotolia.com ©
Romario Ien)

Was das Arbeitsumfeld anbelangt, können sich überfüllte Mülleimer, vernachlässigte Kaffeeküchen oder unaufgeräumte Arbeitsplätze in absehbarer Zeit zu einem regelrechten Pulverfass entwickeln. Die Schwierigkeit liegt oftmals schlicht darin, dass sich niemand für das Aufrechterhalten der Ordnung verantwortlich fühlt. Dabei ist das Stapeln von schmutzigen Tassen oder das Einlagern abgelaufener Lebensmittel im gemeinsam genutzten Kühlschrank nicht nur unhygienisch, es ist zugleich auch in höchstem Maße rücksichtslos.

Nicht anders liegt der Fall bei grob fahrlässig unterlassener Körperhygiene. Das Händewaschen nach dem Aufsuchen der Toiletten ist immer und überall eine Selbstverständlichkeit, der Verzicht darauf ist im Gegenzug richtiggehend ekelerregend. Überhaupt kann das Vernachlässigen der Körperpflege zu einer Belastung der Zusammenarbeit  werden, denn strenge Gerüche am Arbeitsplatz sind nun einmal auf Dauer unangenehm. Das ist natürlich ein sensibles Thema, weil Schweiß- oder Mundgeruch nicht unbedingt jedem sofort selbst auffallen. Außerdem sind sie nicht immer ein Zeichen für mangelnde Hygiene.
Unangenehmer Mundgeruch entsteht natürlich durch den Verzehr bestimmter Lebensmittel in der Mittagspause, er kann aber genauso gut ein Anzeichen für eine systemische Grunderkrankung sein. Diabetes oder Lungenerkrankungen werden jedoch kaum den Regelfall darstellen, so dass meistens eben doch von unzureichender Mundhygiene ausgegangen werden muss. Ähnliches gilt für das Schwitzen auf der Arbeit, das spätestens durch die allmählich steigenden Temperaturen im Frühjahr verstärkt zu einem Thema werden kann. Vor solchen äußeren Einflüssen ist natürlich niemand wirklich gefeit, kritischer ist auch hier die Vernachlässigung – die im schlimmsten Fall sogar mit einer Kündigung abgestraft werden kann.


Unangenehme Körpergerüche sind ein heikles Thema und erfordern ein entsprechend sensibles Vorgehen, wenn sie zur Sprache gebracht werden.
(Abbildung 3: fotolia.com ©
stokkete)

In beiden Situationen kann übrigens auch vor Ort für Abhilfe gesorgt werden, sei es mit Zahnpflegebonbons oder –kaugummis gegen den Mundgeruch, dem Verzicht auf geruchsbelastendes Essen während der Arbeitszeit oder dem Auffrischen des Deos im Verlauf des Tages. Das ist einerseits eine Entlastung der Kollegen und sorgt andererseits auch für ein besseres persönliches Gefühl.

Die richtigen Worte finden
Das klärende Gespräch, mit dem eventuelle Störfaktoren aus der Welt geschafft werden könnten, bleibt häufig genug aus. Die Gründe hierfür können ganz unterschiedlicher Natur sein. Entweder wird keine Aussicht auf ein Beheben der Missstände erwartet, es gibt schon zu viel aufgestaute Frustration oder es fehlen die richtigen Worte für eine Aussprache. Letzteres ist besonders bei heiklen Themen der Fall, in denen es um eher persönliche Angelegenheiten geht, die dem betroffenen Kollegen möglicherweise peinlich sein und ihn persönlich verletzen könnten.

Analyse der Situation
Dennoch ist es für die langfristige Perspektive keine Lösung, die nervigen Angewohnheiten oder Eigenschaften ohne Ansprache einfach stehen zu lassen. Wer in einer solchen Situation Schwierigkeiten mit der angemessenen Herangehensweise hat, sollte sich deshalb zunächst noch einmal genau vor Augen führen, wodurch die genervte Reaktion überhaupt ausgelöst wird. Manchmal geschieht das vielleicht nur situationsbedingt und kann so von vorneherein vermieden werden. Manche Angewohnheit wird unter Umständen ohnehin am besten einfach ignoriert, auch wenn es nicht immer leicht ist, die nötige Gelassenheit dafür aufzubringen.

Ein Leitfaden zur Entschärfung
Natürlich gibt es immer noch genug Themen, die früher oder später zur Sprache gebracht werden sollten. Das Motto lautet hier in gewisser Weise „Wehret den Anfängen“, zumindest hinsichtlich der eigenen unguten Gefühle wie Frust oder gar Wut. Die sollen sich schließlich nicht irgendwann in geballter Form entladen. Ein sachliches Gespräch, wie es eigentlich angemessen wäre, ist sonst kaum noch möglich.
Überhaupt ist es immer besser, den direkten Weg zu suchen. Gesten umgehen zwar die eventuell problematische Konfrontation, bergen aber wiederum die Gefahr, gar nicht oder nicht richtig verstanden zu werden. Im günstigsten Fall wird daher die Unterredung in entspannter Atmosphäre gesorgt – denn wirklich niemand möchte gerne in einer größeren Öffentlichkeit wegen seines Körpergeruchs zur Rede gestellt werden. Außerdem ist es dann auch für einen selbst einfacher, dem Problem mit Klartext zu begegnen, sowohl hinsichtlich der eigenen Gefühlslage als auch der zu lösenden Unannehmlichkeit.

Auch wenn es in dieser Art Gespräch tatsächlich die eigenen Befindlichkeiten und Bedürfnisse eine große Rolle spielen, ist Fairness dem Gesprächspartner gegenüber das allerhöchste Gebot. Aber das sollte schließlich auch generell gelten, wenn für ein angenehmes Betriebsklima gesorgt sein soll.

(Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem Redakteur Marlon Schneck/ Abbildung fotolia.com © Minerva Studio)